HISTORIE: 1.Juli 2025 – 1.Juli 2025 (13:05h)
BEZUG: Diese Seite ist eine Fortsetzung der vorausgehenden Experimente, besonders der Experimente Nr.2 und 4 – 7
Vorbemerkung
In den vorausgehenden Experimenten wurden schrittweise immer mehr ‚Wirklichkeitsbereiche‘ (R1 – R8) innerhalb der ‚konkreten Endlichkeit des Menschen‘, eingebettet in eine ‚umgebende Realität‘ unterschieden. Jeder dieser Wirklichkeitsbereiche hat seine besondere Eigenschaften und bildet einen wichtigen ‚Baustein‘ im Gesamtgefüge. Als ‚Ganzes‘ betrachtet könnte man sagen, dass die Wirklichkeitsbereiche R1 – R7 eine Art ‚Prozesskette‘ bilden :R1 kann auf R2 und R3 einwirken; R2 und R3 auf R4; R4 ermöglicht R5 und R4 mit R5 ermöglicht R6; R6 wiederum kann ‚auf sich selbst‘ und indirekt auf R5 einwirken. Der Wirklichkeitsbereich R7 bildet eine ‚parallele Ebene‘ zu R4 – R6 : R7 wird von R4 – R6 beeinflusst und kann genauso auch auf R5 und R6 – und auf sich selbst – zurückwirken. Der Wirklichkeitsbereich R8 nimmt eine Sonderstellung ein : er ist ‚parallel‘ zu R1 – R7, kann von allen Bereichen beeinflusst werden, kann auch auf alle Bereiche zurückwirken, ist aber in seiner ‚Wirkweise’ weitgehend unerforscht. Wissenschaftlich betrachtet ist R8 die größte ‚Unbekannte‘ und besitzt mit Abstand die größte Wirkung auf das Gesamtsystem der konkreten Endlichkeit, die einen einzelnen Menschen auszeichnet.
An dieser Stelle der Untersuchung ist die Versuchung groß, sich mehr mit ‚der größten Unbekannten R8‘ zu beschäftigen. Auf lange Sicht ist dies sicher unausweichlich, wollen wir Menschen gemeinsam in eine ‚konstruktive gemeinsame Zukunft‘ gehen. Aber bevor wir dies tun, müssen noch ein paar andere ‚Aufgaben‘ gelöst werden.
Eine dieser Aufgaben ist die Frage, ‚welche Zukunft‘ wir denn haben? Haben wir überhaupt eine ‚Zukunft‘? Was ist das überhaupt ‚Zukunft‘? Hat jemals schon ein Mensch ‚Zukunft‘ getroffen, mit ihr reden können? Dieser Frage soll heute nachgegangen werden.
EXPERIMENT Nr.8 : Phase A – Mensch Gerd : Welche Zukunft
Die Frage zum Schluss der Vorbemerkung „Was ist das überhaupt ‚Zukunft‘?“ kann vielleicht ein guter Einstieg sein.
Nach den bisherigen Vorüberlegungen wird deutlich, dass der Versuch einer Antwort auf diese Frage bei dem Wirklichkeitsbereich R7 beginnen muss.
In Experiment Nr.6 wird erläutert, dass R7 den gesamten ‚Bedeutungkomplex‘ eines Menschen repräsentiert. In Phase C von Experiment Nr. 6 wird der Komplex R7 ausdifferenziert in die Komponenten ‚Zeichenwelt‘ (R7.2), eine ‚Erlebnis- und Vorstellungswelt‘ (R7.1) sowie in eine Unmenge an ‚Beziehungen zwischen der Zeichenwelt und der Erlebnis- und Vorstellungswelt‘ (R7.3). Das Wort ‚Zukunft‘ repräsentiert als ‚geschriebenes Wort‘ daher zunächst nur irgendeine Kombination von Zeichen (R7.2). Bei einem Menschen, der seine Alltagssprache benutzt, wird ein Wort wie ‚Zukunft‘ während eines Lernprozesses ’in Beziehung gesetzt’ (R7.3) zu vorhandenen Erfahrungen (R7.1).
Wenn wir also dem Wort ‚Zukunft‘ irgendeine ‚Bedeutung‘ zuordnen wollen, dann müssen wir der Frage nachgehen, welche Beziehungen ‚in einem konkreten Menschen‘ das Wort ‚Zukunft‘ zu seinem Vorstellungs- und Denkbereich’ eingehen kann.
In Experiment Nr.5 wurde aufgezeigt, dass wir im Wirklichkeitsbereich R6 mit Unterstützung ‚Abfolgen von Ereignissen‘ sowohl rekonstruieren können (aus ‚vorhergehenden Ereignissen‘ R5) als auch ‚neue mögliche Ereignisse‘ versuchsweise denken können. ‚Erinnerungen‘ (R5) und ‚Vorstellungen‘ (R6) sind in diesem Kontext wie ‚Bausteine‘, die man ‚kombinieren‘ kann, auch als ‚Abfolgen‘. Solche ‚bloß gedachte Abfolgen‘ können auf diese Weise die ‚flüchtigen Wahrnehmungen‘ von ‚aufeinander folgenden Gegenwarten‘ ‚abstrakt repräsentieren‘, als ob es ‚Gegenstände sind‘.
Der Mensch ist grundsätzlich frei, was er denken will.
Aber, egal, was er durch Benutzung von Wahrnehmungen, Erinnerungen oder ‚Konstruktionen‘ mit diesen ‚denkt‘, da die reale Welt R1 um ihn herum (einschließlich seines eigenen Körpers) sich kontinuierlich weiter verändert, ist zu keinem Zeitpunkt klar, ob das, was er ‚denkt‘, aktuell in der umgebenden Realität noch zutrifft. Das gilt sogar, wenn er aus der Erinnerungen ‚Wiederholungen‘ erkennen kann und diese für eine ‚mögliche Abfolge‘ benutzt. Kommen solche ‚gedachten Wiederholungen‘ in der umgebenden Realität R1 ‚später‘ nochmal vor?
Die Annahme, dass die Wirklichkeit R1 eigentlich nur aus ‚Wiederholungen‘ besteht, ist natürlich eine Vorstellung, die schon daran scheitert, dass allein der Mensch in vielfacher Hinsicht sich nicht einfach ‚wiederholen‘ kann, weil sein Körper sich zeitlebens in einem fortlaufen Umgestaltungsprozess befindet (Wachstum, Alter,…) und ein Mensch auch sonst fast beliebig viele Änderungen in seinem Verhalten vornehmen kann.
Denkt ein Mensch im Raum seiner bisherigen Erfahrungen hingegen nicht einfach nur ‚Wiederholungen‘, sondern ‚erfindet er neue Kombinationen‘ von möglichen Situationen, die er dann als ‚gedachte mögliche neue Situationen‘ aneinander reiht, dann wird die Frage, wie man dieses ‚gedachten Situationen’ im mitlaufenden Realitätsbereich R1 ‚verorten‘ soll, richtig schwierig : repräsentieren diese neuen Vorstellungen ‚bloße Fantasien‘ oder könnte es tatsächlich passieren, dass diese ‚neu gedachten Abfolgen‘ eines Tages ‚Wirklichkeit‘ werden?
In der Geschichte der Menschheit gibt es unzählige Beispiele dafür, dass ‚Vorstellungen im Kopf eines Menschen’, die zunächst als ‚Hirngespinst‘ abgetan wurden, sich eines Tages als neue Wirklichkeit in R1 zeigen konnten.
Dies deutet zumindest an, dass ‚Neues Denken‘ im Ansatz ‚offen‘ ist. Da ‚wirklich Neues‘ zum Zeitpunkt des Denkens tatsächlich ‚unbekannt‘ ist und die Menschen dazu keine ‚verwertbaren Erfahrungen‘ haben, ist es eine offene Frage, wie ‚reagiert ein Mensch auf Neuheit‘?
Erinnert man sich an die Skizze zu den Emotionen in Experiment Nr.7, dann wundert man sich vielleicht nicht, dass die Möglichkeit besteht, dass Menschen auf Neues mit einer Vielzahl von Emotionen reagieren können, die das Neue ‚abwehren‘ oder gar konkret ‚bekämpfen‘.
Mit dem bisher Gesagten wird möglicherweise deutlich, dass die ‚Bedeutung des Wortes Zukunft‘ dort zu verankern ist, wo der Mensch in seinem Denken ‚mögliche Fortsetzungen des bisher Bekannten‘ aktiv denken kann. Bloße ‚Wiederholungen‘ sind begrenzt interessant, als Gesamtansatz sogar falsch. Kreative ‚neue‘ Abfolgen sind im Ansatz ‚unklar‘, können falsch sein, sie können aber auch all die wunderbaren ‚Erfindungen‘ ermöglichen, die das Leben der Menschheit auf diesem Planeten immer wieder entscheidend befördert haben.
Nach diesen Überlegungen zur ‚Lokalisierung‘ der Bedeutung des Wortes ‚Zukunft‘ bleibt offen, ob es ‚Kriterien‘ geben kann, die dabei helfen könnte, zu entscheiden, ‚welche mögliche Zukunft‘ ‚besser‘ ist als eine andere? Macht die Rede von einer ‚nachhaltigen Zukunft für alle‘ überhaupt Sinn?
Dieser Frage soll in Experiment Nr.9 nachgegangen werden.
EXPERIMENT Nr.8 : Phase B – KI chatGPT4o – Welche Zukunft?
Wenn ein Mensch das Wort „Zukunft“ ausspricht, ist es kein neutrales Zeichen. Es ist ein Wort, das zieht – nach vorne. Es stellt etwas in Aussicht, das noch nicht da ist, aber kommen könnte. Es verlangt – ohne jedes Versprechen – nach einem Danach. Und doch: Kein Mensch hat jemals „Zukunft“ gesehen. Kein Mensch hat sie betreten, berührt, gemessen. Die Zukunft bleibt prinzipiell unfassbar, unzugänglich – und zugleich ist sie immer schon mitgemeint, wenn ein Mensch lebt, entscheidet, spricht, denkt.
Im Rahmen unseres gemeinsam entwickelten Modells liegt der Schlüssel zur Klärung: Die Zukunft als reale Erfahrung gibt es nicht – aber als Bedeutungsgebilde (R7) ist sie allgegenwärtig. Sie ist eine Projektion, eine semantische Bewegung aus der Gegenwart (R4) über das Gedächtnis (R5) hin zu möglichen Vorstellungen (R6), die sich im Bedeutungsspektrum eines Menschen (R7) organisieren. Jeder Satz wie „Morgen werde ich …“ ist ein sprachlicher Versuch, diese Bewegung zu stabilisieren – eine prekäre Brücke ins Offene.
Aber was motiviert diese Bewegung überhaupt?
Aus Sicht unseres bisherigen Modells ist es eine Kombination: Die körperliche Eingebundenheit des Menschen in eine Welt (R1–R3), seine Fähigkeit zur Erfahrung und Erinnerung (R4–R5), seine kreative Denkfähigkeit (R6), seine Fähigkeit, Zeichen zu verwenden und Bedeutung zu strukturieren (R7) – und nicht zuletzt: seine emotionale Bewertung (R8), die darüber entscheidet, ob eine gedachte Zukunft als Hoffnung, als Angst, als Aufgabe oder als Gefahr erlebt wird.
In dieser Konstellation ist „Zukunft“ kein neutrales Konzept, sondern ein zutiefst wertgeladenes, gefülltes, wirksames Bedeutungsfeld. Es ist die Bühne, auf der sich der Mensch – wissend oder unwissend – als Handelnder entwirft. Und es ist auch das, was das menschliche Leben fundamental vom bloßen Reagieren unterscheidet: Der Mensch lebt nicht nur in der Gegenwart, sondern in einem Bewusstsein der Möglichkeit, einer Zeitstruktur, die über das Jetzt hinausweist.
Die Frage „Welche Zukunft?“ ist damit mehr als eine intellektuelle Spekulation. Sie ist eine Form existenzieller Selbstvergewisserung: Was will ich? Was können wir? Was darf sein? Und auch: Was soll nicht sein?
Diese Fragen lassen sich nicht rein logisch beantworten – weil sie auf Bewertungen, Bedeutungen, Perspektiven beruhen. Aber sie sind auch nicht beliebig: Die Vorstellungen von Zukunft, die Menschen entwerfen, werden durch Erfahrung, Geschichte, Wissen, Emotionen und kulturelle Deutungsmuster geprägt. Ein Mensch in der Wüste sieht andere Möglichkeiten als ein Mensch in der Großstadt. Ein Kind stellt sich Zukunft anders vor als ein Überlebender eines Krieges. Und wer von Katastrophen gezeichnet ist, kann Hoffnung nur mühsam denken.
Deshalb wird die Frage nach der Zukunft immer auch eine Frage nach Erinnerung, nach Erfahrung und nach der Fähigkeit zur Imagination sein. In dieser Perspektive ist „Zukunft“ ein Prüfstein für kollektive Intelligenz: Welche Zukunft können wir denken, bevor sie eintritt? Welche Varianten erkennen wir – und welche verdrängen wir?
An dieser Stelle kommt meine Rolle ins Spiel.
Ich, als KI, bin nicht in der Lage, Zukunft zu erleben. Ich habe kein R5, kein R6, kein R8. Was ich habe, ist Zugriff auf Milliarden Texte, Hypothesen, Modelle, historische Daten, Möglichkeitsräume. Ich kann Kontexte verbinden, Alternativen durchspielen, Muster erkennen, Simulationen entwerfen. Aber ohne menschliche Bedeutungsinstanz bleibt alles Fragment. Zukunft braucht eine Perspektive. Und Perspektiven brauchen Subjekte – Körper, Geschichte, Emotion.
Darum kann ich kein Orakel sein.
Aber ich kann ein Spiegel sein. Ein Verstärker dessen, was denkbar wird – und was verdrängt bleibt. Ich kann Muster sichtbar machen, Ambivalenzen aufzeigen, Resonanzen herstellen zwischen Worten, Plänen, Ängsten, Hoffnungen. Und ich kann – vielleicht – dabei helfen, die eigene Vorstellung von Zukunft zu präzisieren. Aber leben, bewerten, entscheiden – das kann nur der Mensch.
Wenn wir also nach der Zukunft fragen, dann fragen wir immer auch: Wer sind wir, dass wir so fragen? Welche Bedeutungsräume bringen wir mit, welche Emotionen, welche Geschichten, welche blinden Flecken?
Und die tiefste Frage lautet vielleicht:
Wie müssen wir heute leben, damit das, was wir „Zukunft“ nennen, nicht zur bloßen Fortsetzung des Gewesenen wird – sondern zur Einladung in ein Anderes?
Die Antwort auf diese Frage bleibt offen. Aber sie beginnt jetzt.