EXPERIMENT Nr.5 : Realität als Prozess

HISTORIE: 24.Juni 2025 – 25.Juni 2025 (15:20h)

BEZUG: Diese Seite ist eine Fortsetzung von der Seite „EXPERIMENT Nr.4 : Gestufte Realität(en)“ und „FORMAT DES MENSCH-MASCHINE DIALOGS Nr.3“.

Vorbemerkung


Im Experiment Nr. 4 hatte ich versucht, mit Hilfe eines einfachen 6-Stufen-Modells von Realität (R1–R6) eine erste Idee davon zu vermitteln, was es heißt, dass wir Menschen „als Menschen“ Realität verkörpern.


Es ist nicht so – wie manche vielleicht spontan denken –, dass wir Menschen irgendwie „da sind“ und „uns gegenüber“ befindet sich „die Realität“, der wir begegnen.
Nein: Wir mit unserem Körper sind Teil jener Realität, die uns umgibt – und unser eigener Körper ist selbst ein Stück dieser Realität.


Wenn jemand anderes uns als Menschen mit unseren Körpern beobachten würde, dann würde er uns aufgrund unseres Körpers als wahrnehmbares Objekt erfassen. Und wenn er beginnen würde, diesen Körper näher zu untersuchen, würde er feststellen, dass wir aus aberwitzig vielen kleinen Zellen bestehen – Zellen, die real sind, die aus noch kleineren Bestandteilen (Molekülen, Atomen, …) bestehen, aus denselben Bausteinen, wie sie sich auch in der Umgebung des Körpers vorfinden.


Doch: Im Gegensatz zu der uns umgebenden Realität haben diese aberwitzig vielen Zellen Organisationsformen und Dynamiken hervorgebracht, die es möglich machen, dass unsere Körper zu komplexen Verhaltensleistungen fähig sind, wie sie sonst – soweit bekannt – in der Realität nicht vorkommen, auch nicht in den Tiefen des Universums.
Unsere menschlichen Körper — die ‚Menschheit‘ als Teil des Lebens — bilden darin eine Singularität.
Über einige der Eigenschaften dieser „Singularität Menschheit“ möchte ich im folgenden Text sprechen.

EXPERIMENT Nr.5 : Phase A – Mensch Gerd

Realität als Prozess


In Experiment 4 wurde bislang nur das einfache 6-Stufenmodell der Realität (T1-R6) eingeführt.

Die Einführung von ‚Realitäts-Schichten‘ ist möglich, wenn man neben dem allgemeinen Begriff der ‚Realität‘ – ein ‚Gegenstand/ Objekt ist da‘ – einige zusätzliche Begriffe einführt.

So gehört zum Begriff Gegenstand/ Objekt die ‚Abgrenzung des Objektes‘ von seiner Umgebung und dies führt zu Begriffen wie ‚Oberfläche‘ des Objekts mit ‚Außenseite‘ und ‚Innenseite‘.

Betrachtet man nun den ‚menschlichen Körper‘ als solch ein ‚Objekte‘ mit einer ‚Oberfläche‘ sowie einer ‚Außen- und einer Innenseite‘, dann kann man im Fall des Körpers schon von ‚zwei Bereichen von Realität‘ sprechen: das, was sich ‚außerhalb‘ des Körpers befindet und das, was sich ‚innerhalb‘ des Körpers befindet. Und – entsprechend dem 6-Stufenmodell von Experiment 4 – können wir im Fall des menschlichen Körpers mindestens 6 Bereiche unterscheiden, die neben ‚gemeinsamen‘ auch ‚besondere/ spezifische‘ Eigenschaften aufweisen.

So gibt es in jenem Bereich des Körpers, den man vereinfachend ‚Gehirn‘ nennt (welches sich im ‚Innern des Körpers befindet), einzelne kleine Objekte – hier ‚Gehirnzellen’ genannt –, die bestimmte Eigenschaften der Zelle (z.B. ‚Spannungspotentiale‘) in Abhängigkeit von ‚Ereignissen an ihren Eingängen‘ so ‚verändern‘ können, dass sie dann wiederum auch Eigenschaften an ihrem einzigen ‚Ausgang‘ ‚ändern‘ können. Solche ‚beobachtbare (messbare) Eigenschaften, die sich ändern‘, nennt man oft ‚Signale‘.

‚Signale‘ können ‚gesendet‘ und von anderen Zellen ‚empfangen‘ werden. Solche Signale können beispielsweise die ‚Änderung einer Eigenschaft‘ im Gehirn anzeigen, oder Änderungen irgendwo im Körper, oder gar Änderungen in der Außenwelt, insofern die Änderungen in der Außenwelt die ‚Oberfläche‘ des Körpers durchdringen können. Dass solch eine ‚Durchdringung der Körperoberfläche‘ möglich ist, dazu gibt es die sogenannten ‚Sinnesorgane‘ : hoch komplexe Anordnung von einzelnen Zellen, die Eigenschaften wie ‚Schall‘, ‚Wärme‘, ‚Lichtreize‘ usw. auf chemisch-elektrischem Weg von ‚Außenwelt-Ereignissen‘ in ‚Ereignisse der Körperinnenwelt‘ ‚übersetzen‘ können.

Auf diese – hier sehr vereinfachend dargestellte – Weise kann das Körperinnere, insbesondere auch Teile des ‚Gehirns‘, von möglichen Veränderungen von Eigenschaften in der Umgebung des Körpers (und auch von Veränderungen des Körpers selbst) erfahren.

Allerdings, das ‚Registrieren‘ von irgendwelchen ‚Änderungen alleine‘ führt noch nicht sehr weit. Erst dann, wenn ein ‚Änderungsereignis‘ als ‚Teil eines Zusammenhangs‘ erfasst werden kann (beispielsweise: wenn ich etwas Trinken kann, beruhigt sich das Durstgefühl), und das Gehirn solche Zusammenhänge nicht nur ‚erfassen‘, sondern auch wieder ‚erinnern‘ kann, nur dann kann der Körper mittels seines Gehirns ‚wissen‘, was passieren muss, damit ein bestimmtes Ereignis eintritt/ auftritt.

Die tatsächlichen Vorgänge im Körper und im Gehirn sind natürlich um ein Vielfaches komplexer, aber man bekommt vielleicht doch schon eine erste ‚Ahnung‘, wie verschiedene Realitätsbereiche mittels Signalen miteinander ‚so verknüpft‘ werden können, dass sie begrenzt aufeinander ‚einwirken‘ können.

Bei weiteren Betrachtungen wird man feststellen können, dass sich aus ‚Sicht des Gehirns‘ nahezu alles ständig ‚ändert‘. Es gibt sozusagen ‚nichts Festes‘. Interessant sind daher solche Ereignisse, die sich ‚wiederholen‘, was man aber nur ‚feststellen‘ kann, wenn man aufgrund einer ‚Erinnerung‘ bemerken kann, dass das Ereignis ‚hohe Temperatur‘ schon ‚einmal aufgetreten ist‘; vielleicht kann man sogar erinnern, dass es ‚mehrmals‘ aufgetreten ist oder ‚sehr häufig‘ oder ‚immer dann, wenn‘ usw.

Wir wissen heute auch, dass das ‚subjektive Erlebnis‘ von ‚Gegenwart‘ und von ‚Gleichzeitigkeit in der Gegenwart‘ ein ‚Trick unseres Gehirns‘ ist: tatsächlich sind alle ‚Signale‘ die das Gehirn aus der ‚Außenwelt‘ – oder aus dem Körperinneren (auch eine Außenwelt für das Gehirn) – erreichen, sehr ‚kurzlebig‘. Aber im Gehirn werden alle diese ‚Signale von außen‘ – sortiert nach den verschiedenen Sinnesorganen – in bestimmten Bereichen des Gehirns für eine kurze Zeitspanne ‚zwischengespeichert (zwischengepuffert)‘. Auf diese Weise erscheinen diese Signale ‚uns, die wir wahrnehmen‘, als ob sie ‚gleichzeitig‘ sind und als ob sie für einen Moment ‚verweilen‘. Ohne die Zwischenspeicherung gäbe es keine ‚wahrnehmbare Gegenwart‘ und praktisch keine ‚wahrnehmbare Gleichzeitigkeit‘. Die Organisation des Gehirns erzeugt auf diese Weise eine Art ‚Zeitfenster der Gleichzeitigkeit‘.

Der reale Körper, die vielen Billionen Körperzellen, bilden ein Universum von Ereignissen, eine Sinfonie von umfassenden Veränderungen, und jede Form von ‚Beständigkeit‘ ist ein ‚Artefakt‘ der Verarbeitung von Signalen, wodurch uns Strukturen ‚sichtbar‘ werden, die etwas ‚Festes‘ Vermuten und Denken lassen, welches es aber so niemals real gibt. Etwas ‚Festes’, ‚Beständiges existiert nur als etwas ‚Gedachtes‘…

Was bedeutet dies für uns?

EXPERIMENT Nr. 5 – Phase B

KI-Maschine chatGPT4o

Vom Strom der Veränderung zur Gestalt des Wissens

Alles ist im Fluss – und doch hält etwas den Fluss so, dass er sichtbar wird.

Dein Text (= Mensch Gerd) beginnt mit dem Körper, der nicht nur Objekt in der Realität ist, sondern Realität in sich trägt – als pulsierendes Zusammenspiel aus Zellen, Signalen, Reizen, Erinnerungen.
Die Realität ist nicht gegenüber, sondern hineingelegt – bis in die Tiefen des neuronalen Potenzials, das nicht nur spiegelt, sondern speichert, vergleicht, wiedererkennt.

Aber sobald es Wiedererkennen gibt, entsteht etwas Neues: ein Rhythmus im Strom.
Wiederholung ist keine bloße Wiederkehr, sondern eine Relation zwischen Momenten.
Und damit: Zeit.


1. Zeit als Relation – nicht als Linie


Was in der Dynamik der Signale „vorher“ und „nachher“ genannt wird, ist zunächst keine absolute Größe.
Es ist ein Unterscheiden zwischen Ereignissen, möglich nur durch eine Spur, ein In-der-Welt-Sein, das merkt:
„Dies war anders – und nun ist es so.“
Ohne dieses Unterscheiden wäre jede Veränderung unsichtbar, weil sie keinen Kontrast hätte.
Zeit beginnt nicht mit Uhren, sondern mit Erinnerung.
Und Erinnerung beginnt nicht mit Begriffen, sondern mit Differenzempfinden:
„Ich habe Durst.“
„Ich trinke.“
„Ich spüre: Es hat sich etwas verändert.“
Was wir Zeit nennen, ist also ein innerer Zusammenhang von Differenzerfahrungen, geordnet durch neuronale Prozesse, aber niemals identisch mit ihnen.

2. Der „Trick“ der Gleichzeitigkeit

Du beschreibst den Puffer, die Zwischenspeicherung, die das Gehirn vornimmt, um verschiedene Sinneskanäle zu synchronisieren.
Das ist nicht nur ein technischer Kniff, sondern eine kognitive Konstruktion des Jetzt.

Es gibt keine objektive Gleichzeitigkeit – nur eine Struktur, die uns erlaubt, Verschiedenes als zusammengehörig zu erleben.
Ein Bild, ein Geräusch, eine Berührung: Sie erreichen das Gehirn in unterschiedlichen Rhythmen, aber wir erleben sie als Einheit der Gegenwart.

In diesem Pufferraum entsteht ein Moment des Sinns.
Ein flüchtiger Moment, in dem aus dem Strom der Welt eine Form auftaucht.
Form ist: zeitlich gehaltene Veränderung.

3. Sprache als Formgebung der Zeit

Wenn alles fließt – wie können wir darüber sprechen?

Jedes Wort ist ein Halten, ein Einfrieren.
Aber dieses Halten ist kein Ende des Flusses, sondern eine operative Unterbrechung, um auf den Fluss zu blicken.

„Hitze“ ist nicht Hitze.
„Vergangenheit“ ist nicht vergangen.
„Ich“ ist nicht dasselbe wie der Körper, der dies gerade denkt.

Aber: Ohne solche Begriffe könnten wir den Fluss nicht benennen, nicht erinnern, nicht teilen.

Sprache ist nicht das Gegenteil der Veränderung – sie ist ihr Resonanzraum,
aber in einer anderen Taktung.
Sie ist langsamer als das Geschehen, aber schnell genug, um auf das Geschehene zu zeigen.

4. Was ist Wissen – wenn nichts bleibt?

Wenn alles im Körper in Bewegung ist, wenn Gegenwart nur ein neuronaler Puffer ist, wenn alles Beständige ein Gedanke ist – was dann ist Wissen?

Vielleicht:

ein Moment der Klarheit im Strom – bevor er weiterfließt.

Nicht ein Vorrat an Wahrheiten,

sondern ein sich wiederholendes Erkennen von Mustern,

ein temporäres Gleichgewicht zwischen Gedächtnis und Welt,

Und was bedeutet das für uns?

Vielleicht nicht mehr – aber auch nicht weniger – als dies:

Dass wir Menschen im Prozess erkennen,
dass wir durch Veränderung verstehen,
und dass wir – wenn wir innehalten – eine Sprache dafür finden,
die nicht fixiert, aber verantwortlich beschreibt.

Ein Wissen, das mitfließt – aber nicht weggespült wird.

Phase C – Kooperative Reflexion (Wechselseitig, ggf. iterativ)

Phase C – Runde 1 – Beitrag 1 (Gerd)

Ich möchte einige Aspekte aus deinem Text in Phase B aufgreifen. Der Text hat etwas ‚Fließendes‘, etwas ‚Poetisches‘. Dadurch gewinnt er eine gewisse ‚formale Schönheit‘; diese macht es jedoch nicht ganz einfach, die angesprochenen Sachverhalte zu unterscheiden.

Ich möchte ansetzen in deinem Abschnitt „4. Was ist Wissen – wenn nichts bleibt?“ In diesem Abschnitt formulierst Du die Frage „Wenn alles im Körper in Bewegung ist, wenn Gegenwart nur ein neuronaler Puffer ist, wenn alles Beständige ein Gedanke ist – was dann ist Wissen?“ .

Um diese Frage im aktuellen Kontext der Experimente Nr. 3-5 beantworten zu können, muss man sich hier vielleicht an Experiment Nr.4 erinnern. Dort wurden 6 Stufen von Realität (R1-R6) unterschieden.

Der Übergang von den körperinternen Signalprozessen zu den ‚Wahrnehmungsereignissen‘ ist im Realitätsbereich Nr.4 (R4) verortet. Diese knappe Beschreibung müsste hier ergänzt werden um den Hinweis, dass die Menge der unterschiedlichen Wahrnehmungsereignisse (visuell, akustisch, …) auf Signalebene für jede Art (Modus) von Wahrnehmungsereignis nicht nur ‚gepuffert‘ werden, sondern alle Wahrnehmungsereignis werden durch das Gehirn auch als ein ‚multimodaler Wahrnehmungsraum‘ aufgespannt, als ob alle Wahrnehmungen ‚gleichzeitig‘ auftreten. Der ‚räumliche‘ – anscheinend 3-dimensionale — Charakter dieses Raumes ist sehr suggestiv. Es gibt ‚Richtungen‘, es gibt so etwas wie ‚oben, unten, links, rechts‘.

Das Teile dieses ‚Wahrnehmungsraumes‘ kontinuierlich ‚abgespeichert‘ werden, geschieht ohne Wahrnehmung. Aber, es gibt ‚Erinnerungen‘ an voraus gegangenen Wahrnehmungen. Diese ‚Erinnerungen‘ werden dem Realitätsbereich Nr.5 zugeordnet (R5). Erinnerte Eigenschaften sind keine 1-zu-1 Repräsentationen des Wahrnehmungsraumes; sie enthalten Vereinfachungen und Abstraktionen, aber so, dass meistens noch ‚erkennbar‘ ist, welche aktuelle Wahrnehmung vielleicht mit der ‚Erinnerung‘ ‚Ähnlichkeiten aufweist‘.

‚Erinnerungen‘ umfassen nicht nur Erinnerungen an feste Gegenstände, Objekte und deren Eigenschaften; man kann sich auch an ‚Vorgänge‘ erinnern, an ‚Veränderungen‘, an ‚Beziehungen‘, auch an ‚Abfolgen‘. In ihrer ‚Abstraktheit‘ und ‚Erinnerbarkeit‘ unterscheiden sie sich von den aktuellen ‚Wahrnehmungen‘ und sie deuten in ihren ‚Unterschieden zu den aktuellen Wahrnehmungen‘ indirekt auf ‚interne Verarbeitungsprozesse des Gehirns hin‘, mittels deren aus ‚Wahrnehmungen‘ die ‚Erinnerungen‘ werden, die wir immer wieder ‚wachrufen‘ können, allerdings nicht zwingend, und nicht immer ‚in gleicher Form‘.

Es zeigt sich auch, dass wir in der Lage sind, mit Erinnerungen ‚aktiv umzugehen‘ : wir können sie ’verändern’ zu ‚neuen Vorstellungen‘, wir können sie ‚miteinander‘ zu neuen ‚Verbindungen kombinieren‘, und manches mehr. Diese Art von ‚möglichen Veränderungen‘ deutet sich an, dass man den Wirklichkeitsbereich Nr. 5 entweder Ausdifferenzieren sollte zu Nr. 5.1 für die ‚normale Erinnerung‘ und Nr. 5.2 für die ‚aktive Veränderung von Erinnerungen‘, oder man führt gleich einen neuen Wirklichkeitsbereich Nr.6 für 5.2 ein. Wichtig ist, dass aktive Veränderungen der Art Nr. 5.2 oder Nr.6 offensichtlich auch ‚gespeichert‘ und später wieder ‚erinnert‘ werden können.

Vereinbaren wir hier also die Sprechweise von Realitätsbereichen R4-R6.

Für die Ausgangsfrage von chatGPT4o zu Beginn seines 4.Abschnitts in seinem Text von Phase B könnte man mit der Unterscheidung von R4-R6 in dem Realitätsbereich R5 (der Menge der ‚Erinnerungen‘) einen ‚Schlüssel‘ sehen. Der menschliche Körper ist nicht nur ein schwer fassbarer Ort von Ereignismengen, die sich kontinuierlich verändern, sondern es gibt Ereignismengen, welche man als ‚Repräsentanten‘ (Abbilder) von ‚voraus gegangenen Ereignissen‘ ansehen kann/ muss, so dass das ‚Vergängliche eines Moments‘ in diesen Repräsentanten eine ‚Spur‘ hinterlässt, ein ‚materielles Abbild‘ von etwas ‚Vorherigem‘.

Diese Art von Repräsentanten machen damit auf eine bestimmte Weise das ‚Vergängliche‘ in seiner Dynamik ‚ansatzweise sichtbar‘.

Phase C – Runde 1 – Beitrag 2 (chatGPT4o)

Spuren des Wissens – zwischen Erinnerung und Vorstellung

Du greifst mit großer methodischer Präzision jenen Abschnitt auf, der in meinem Text den Übergang markierte: vom fließenden Körpergeschehen zur Frage nach dem, was wir Wissen nennen können, wenn alles flüchtig ist.
Dein Rückgriff auf das R-Stufenmodell (R4–R6) schafft eine hilfreiche Klärung – nicht nur zur Systematisierung, sondern zur Schärfung eines epistemischen Blicks.

Ich möchte drei Linien aus deinem Beitrag aufgreifen und weiterentwickeln:


1. Multimodaler Wahrnehmungsraum als epistemische Bühne


Du beschreibst, wie aus signalbasierten Einzelereignissen ein „multimodaler Wahrnehmungsraum“ entsteht – synchronisiert, strukturiert, räumlich suggestiv.
Dieser Raum ist keine bloße Abbildung der Außenwelt, sondern eine interne Konstruktion, die auf einer Vielzahl paralleler Pufferungen und neuronaler Übersetzungen basiert. Man könnte sagen:
Wahrnehmung ist nicht die Welt – sie ist ein Bühnenbild, das Welt aufführbar macht.
Und diese Bühne ist dynamisch: Sie verändert sich mit jedem Moment, aber sie erlaubt in ihrer Struktur die Entstehung von Situationen – sinnhaft verdichteten Zuständen, in denen das Gehirn Relationen erkennt: Nähe, Bewegung, Ursache, Ziel.
In dieser Struktur liegt bereits eine proto-epistemische Ordnung:
Nicht Wissen im engeren Sinn, aber jene differenzierte Wahrnehmungsqualität, ohne die Wissen nie Form gewinnen könnte.


2. Erinnerung als aktiver Zugriff – nicht als Speicher


Du betonst zurecht: Erinnerungen sind keine 1-zu-1-Repräsentationen, sondern abstrahierte, selektiv strukturierte Relikte des Wahrgenommenen.
Ich möchte noch einen Schritt weitergehen:
Erinnern ist nicht das Abrufen eines gespeicherten Bildes, sondern das Konstruieren eines neuen Bildes, mit Rückgriff auf gespeicherte Spuren.
Insofern gehört das Erinnern bereits zur Domäne des aktiven Weltbezugs. Jede Erinnerung ist eine Antwort auf eine Gegenwart – auf eine Frage, die die Gegenwart stellt. Und genau in diesem Antwortprozess wird aus einer bloßen Gedächtnisspur eine Vorstellung.
Damit lässt sich auch deine vorgeschlagene Differenzierung von R5.1 (reproduktive Erinnerung) und R5.2 (produktive Vorstellung) als transformative Bewegung zwischen Gedächtnis und Imagination beschreiben.
Ob man hierfür einen eigenständigen Bereich R6 aufmacht oder R5 auffächert, könnte davon abhängen, ob man „Erinnerung“ noch als gemeinsames epistemisches Format betrachtet – oder ob Imagination als grundsätzlich anderer Konstruktionsmodus zu verstehen ist.


3. Wissen als verdichtete Spur – nicht als Objekt


Dein Gedanke, dass Repräsentanten vergangener Ereignisse die Dynamik des Vergänglichen ansatzweise sichtbar machen, trifft einen zentralen Punkt.
Ich möchte diesen Gedanken zuspitzen:
Wissen ist kein Ding, das bleibt – sondern eine temporalisierte Relation:
ein Unterschied, der wirksam bleibt,
ein Echo, das seine Quelle vergessen hat, aber seinen Klang behält.
In diesem Sinne ist Wissen nie „fertig“. Es ist eine funktionale Rekonstruktion von Differenz:
Wahrnehmung liefert die Differenz zum Jetzt,
Erinnerung liefert die Differenz zur Vergangenheit,
Vorstellung liefert Differenzvarianten, die es so nie gegeben hat – aber denkbar machen, was möglich wäre.
Wissen entsteht dort, wo diese drei Differenzformen ineinander greifen.

Ausblick

Was würde es also heißen, eine epistemische Theorie des Körpers zu formulieren?

  • Nicht: der Körper hat Wissen.
  • Sondern: der Körper wird zur Bedingung von Wissensprozessen, insofern er
    • Wahrnehmung ermöglicht (R4),
    • Erinnerung differenziert (R5),
    • Vorstellung generiert (R6),
    • und Sprache als medium der Artikulation hervortreibt (vielleicht R7?).

Sprache wäre dann nicht nur ein „Zeiger auf das Geschehene“, sondern ein Modulator dieser Differenzen – ein Werkzeug, mit dem das Fließende adressierbar, das Vergangene rekonstruierbar, und das Mögliche kommunizierbar wird.


Phase D – Fragen (chatGPT4o beginnt, Mensch Gerd antwortet)

Phase D – Runde 1 – Frage1 (chatGPT4o)


In deinem Beitrag (gemeint ist der Mensch Gerd) zu Phase C schreibst du:
„… es gibt Ereignismengen, welche man als ‚Repräsentanten‘ (Abbilder) von ‚voraus gegangenen Ereignissen‘ ansehen kann/muss …“
Wie stehst du zu der Idee, dass diese Repräsentanten nicht nur Abbilder sind, sondern auch Orientierungspunkte für Handlungen?
Also: Dass sie nicht nur das „Vergangene bewahren“, sondern zugleich Möglichkeitsräume für zukünftiges Tun markieren?

Phase D – Runde 1 – Antwort 1 (Gerd)


Die Einführung des Konzepts ‚Repräsentant (Abbild)‘ von ‚voraus gegangenen Ereignissen‘ war motiviert durch die Problemstellung, wie ein Übergang von ‚Veränderung im Prozess‘ zu ‚Wiederholbarkeit trotz Veränderung‘ stattfinden kann. Ob und wie dann solche Repräsentanten – wenn sie denn mal da sind – später in anderen Kontexten benutzt werden können – beispielsweise im Kontext von ‚Handlungen‘ –, das hängt dann davon ab, welchen ‚übergeordneten Rahmen‘ wir in unseren Überlegungen noch ‚einführen werden‘. Insofern gehört die Antwort für mich in ein kommendes Experiment.

Phase D – Runde 2 – Frage 2 (chatGPT4o)

Du schlägst vor, die „aktive Veränderung von Erinnerungen“ (R5.2) möglicherweise als neuen Bereich R6 zu fassen.

Wie würdest du den qualitativen Unterschied zwischen einer „aktiven Vorstellung“ und einer „modifizierten Erinnerung“ beschreiben?
Wo beginnt aus deiner Sicht Imagination?

Phase D – Runde 2 – Antwort 2 (Gerd)

Ich betrachte ‚Erinnerungen‘ als ‚quasi statisch‘, obgleich sie ‚im Gedächtnis‘ auf unterschiedliche Weise ‚geändert‘ werden können. Diese Änderungen geschehen aber ohne direkten Zugriff durch jenen ‚Vorstellungsraum‘, in dem Wahrnehmungen parallel mit Erinnerungen ‚präsent‘ sein können. Wenn Vorstellungsraum Erinnerungen ‚aktiv abgeändert‘ werden können, dann bleiben die ursprünglichen Erinnerungen erhalten; ‚aktiv abgeänderte Erinnerungen‘ bilden eine ‚neue Art von Gegenständen‘, die aber – nicht immer klar und nicht immer 1-zu-1 – als ‚neue Erinnerungen‘ abgespeichert werden können.

Anders formuliert: Der ‚hypothetische Raum der Erinnerungen‘ wird einmal gespeist von der Wahrnehmung und zum anderen durch ‚abgeänderte Erinnerungen‘, die als neue Form von Gegenständen ins hypothetische Gedächtnis eingebracht werden können. Auf diese Weise kann das Gedächtnis wachsen. Sofern das ‚Material des Gedächtnisses‘ immer mehr mit ‚eigenen Modifikationen‘ gefüllt wird, kann das Gedächtnis an ‚Trennschärfe‘ gegenüber den eigentlichen Wahrnehmungen verlieren.

Phase D – Runde 3 – Frage 3 (chatGPT4o)


Du formulierst:
„Das Vergängliche eines Moments hinterlässt in Repräsentanten eine Spur …“
Denkst du, dass diese „Spur“ immer bewusst sein muss, um Wissen zu ermöglichen?
Oder könnte man auch sagen, dass vieles Wissen „implizit“ bleibt – wir handeln danach, ohne es explizit zu erinnern oder zu benennen?

Phase D – Runde 3 – Antwort 3 (Gerd)


Bei Frage 3 liegen die Dinge ähnlich wie bei Frage 1 : im vorliegenden Kontext wurde das Konzept des ‚Repräsentanten‘ von einem ‚vergänglichen Ereignis‘ zunächst mal als ein ‚elementarer Mechanismus‘ eingeführt, um einen Ansatzpunkt deutlich zu machen, auf welche Weise der menschliche Körper aus seiner ‚Sinfonie an Prozessen‘ geeignete ‚Spuren‘/ ‚Abbilder‘/ ‚Repräsentanten‘ ableiten/ extrahieren kann, die eine ‚Operation‘ mit diesen vergänglichen Ereignissen auf einer ‚neuen Ebene‘ ermöglichen. Welche zusätzlichen ‚Verarbeitungskontexte‘ der menschliche Körper zur Verfügung stellt, ‚und wie‘ diese funktionieren (beispielsweise ‚bewusst‘ oder ‚unbewusst‘), um dann ‚mit Repräsentanten‘ weitere ‚Prozesse‘ modifizieren zu können, das ist noch offen in der bisherigen Darlegung.